Soweit die Muskeln wollen - Mit dem Rad von Laufen nach Berlin von Monika Eichhorn

Soweit die Muskeln wollen - Mit dem Rad von Laufen nach Berlin von Monika Eichhorn

Reisebericht: Mit dem Rad von Laufen nach Berlin von Monika Eichhorn

In 12 Tagen ging es auf Fahrradwegen 921 Kilometer von Laufen bei Oberndorf nach Berlin. Ganz ohne GPS, aber nicht ohne Pannen  war Monika Eichhorn selbst überrascht von ihrer Kondition und stolz auf ihr Durchhaltevermögen. Ihr ganzes Training im Vorfeld war schließlich nur die tägliche Fahrt von Laufen nach Salzburg.

Radwanderwege:Tauernradweg, Donauradweg oder “Tour de Baroque”

Naabtal-Radweg, Waldnaabtal-Radweg, Zoigl-Radweg, Elster-Radweg

Radweg Berlin-Leipzig

Streckenlänge: 921 km

tägliche Fahrzeit mit Pausen durchschnittlich 7 Stunden

1. Tag     Dienstag, 9. August 2011, Start 09.00 Uhr, 94 km

Tauernradweg entlang der Salzach und dem Inn von Laufen bis Reichersberg

Route: Laufen, Tittmoning, Burghausen, Braunau am Inn, Obernberg, Reichersberg

Viel Regen aber auch Sonne. In Reichersberg steige ich vor einer netten Pension vom Fahrrad, stelle es in einen trockenen Schuppen und bin sehr hungrig. Aber es gibt hier nur zwei Gasthäuser und beide haben heute Ruhetag. Versorge mich in der örtlichen Fleischhauerei. Bei einem Spaziergang bewundere ich das Stift, den herrlich angelegten Herrengarten und besuche das Atelier eines Ikonen-Malers.

2. Tag    Mittwoch, 10. August 2011, 90 km

Tauernradweg entlang des Inns von Reichersberg bis Passau

Donauradweg oder “Tour de Baroque” von Passau bis Niederaltteich

Route: Reichersberg, Suben, Schärding, Passau, Vilshofen, Winzer, Niederaltteich

Heute ist es  ziemlich kalt. Passau ist wirklich sehenswert, ich schiebe mein Rad über die Innbrücke und weiter durch die Altstadt Richtung Donau. Niederaltteich begrüßt mich mit seinem gepflegten Donauufer im Abendlicht und deshalb ist hier für heute Schluss. Im Klosterhof gibt’s zur Feier des Tages “A bayrisches Cordon bleu”, gefüllt mit Schinken und “Obazda”, die pikante, bayrische Käsecreme…

3. Tag     Donnerstag, 11. August 2011, 96 km

Donauradweg von Niederaltteich bis Donaustauf

Route: Niederaltteich, Deggendorf, Bogen, Straubing, Wörth an der Donau, Donaustauf

Endlich ist das Wetter sonnig und schön! Die Fahrt entlang der Donau, durch Wiesen und Felder – einfach traumhaft!. In Donaustauf finde ich ein einladendes bett+bike-Hotel und spaziere später auf die mittelalterliche Festung. Tolle Verpflegung zum günstigen Radler-Preis, dreigängiges Abendessen und am nächsten Tag – meinem Geburtstag – sogar Sektfrühstück – sorry, geht leider gar nicht – muss noch den ganzen Tag strampeln…

4. Tag     Freitag, 12. August 2011 , 83 km

Donauradweg von Donaustauf bis Regensburg

Naabtal-Radweg von Regensburg bis Nabburg

Route: Donaustauf, Regensburg, Mariaort, Kallmünz, Burglengenfeld, Schwandorf, Nabburg

Das Wetter “durchwachsen”, sonnig bei der Rundtour durch Regensburg. Ab Mariaort schöne Fahrt der Naab entlang durchs Naabtal – teilweise Schotterstraße, aber sehr gut zu fahren. Überall Burgen, glitzernde Seen, Teiche in einer hügeligen Waldlandschaft und – massenhaft Campingplätze!

Kallmünz liegt an den Flüssen Vils und Naab und wird von den alten Ruinen einer Burg bewacht. Eine kleine Künstlerkolonie gibt dem Ort ein besonderes Flair.

Heute übernachte ich in Nabburg im Landkreis Schwandorf, die historische Stadt liegt auf einem Hügel mit weiter Aussicht übers Land! …

5. Tag     Samstag, 13. August 2011, 80 km

Naabtal-Radweg von Nabburg bis Luhe-Wildenau

Waldnaabtal-Radweg von Luhe-Wildenau bis Falkenberg

Zoigl-Radweg von Falkenberg bis Mitterteich

Route: Nabburg, Luhe-Wildenau, Weiden, Neustadt a.d. Waldnaab, Windischeschenbach, Falkenberg, Mitterteich

Zu Mittag in Weiden scheint endlich wieder die Sonne und ich schlendere, mein Fahrrad schiebend, durch die sehenswerte Altstadt. Danach geht der Radweg teilweise einer Bundesstraße entlang. Als Entschädigung führt er später zwischen Windischeschenbach und Falkenberg durchs wildromantische, märchenhafte und geheimnisvolle Waldnaabtal – Waldwichtel lässt grüßen!

In dieser Gegend gibt’s auch das berühmte Zoigl-Bier, welches in Zoiglwirtschaften ausgeschenkt wird. Diese Wirtschaften sind im Wechsel geöffnet und ein am Hausgiebel hängender sechszackiger Stern (Zunftzeichen der Brauer) zeigt den Ausschank an. Unterkünfte sind in dieser Gegend ziemlich rar und alles liegt weit auseinander.

6. Tag     Sonntag, 14. August 2011, 43 km

Kein Radweg auf der Strecke von Mitterteich nach Selb, aber die wenig befahrenen Nebenstraßen sind gut zu bewältigen.

Route: Mitterteich, Waldsassen, Hohenberg, Selb

Ein sonniger und warmer Tag! Die Wallfahrtskirche Kappl bei Waldsassen feiert sein 300jähriges Jubiläum und am historischen Jahrmarkt gibt’s viel zu sehen! Die tschechische Grenze ist ganz nahe und ich radle durchs östliche Fichtelgebirge von der Oberpfalz nach Oberfranken. Nach drei Stunden Fahrzeit zwingt mich eine Panne zur Übernachtung in Selb. Am Sonntag finde ich ohnehin keinen Mechaniker und bin froh, dass mein Pech nicht irgendwo auf dem Land passiert ist! Der restliche Tag verläuft sehr gemütlich in der berühmten Porzellanstadt, ich bewundere das Porzellangässchen, den Porzellanbrunnen und erfahre dass Rosenthal und Hutschenreuther hier zuhause sind…

7. Tag     Montag, 15. August 2011, 56 km

Mit dem Zug von Selb nach Hof und weiter durchs Vogtland über Ölsnitz nach Plauen

Am Morgen regnet es und der Fahrradmechaniker von Selb ist auf Urlaub. Ich nehme den Zug nach Hof wo meine Schaltung repariert wird. Kurz nach Hof überquere ich die Grenze zu Sachsen und ab jetzt befinde ich mich im ehemaligen Osten von Deutschland. Weiter geht’s durchs hügelige Vogtland. Bei Oelsnitz erreiche ich die Weiße Elster und damit den Elsterradweg, der mich bis Leipzig bringen wird.

An diesem Abend beziehe ich Quartier in Plauen, aber nicht im ausgebuchten “Matsch” (so heißt das wirklich) wo angeblich Goethe auf einer Reise im Jahre 1795 abgestiegen ist, sondern gleich ums Eck im “Alten Handelshaus” wo sich ein Salzburger im Jahre 2009 das Mittagessen schmecken lies – Karl Moik!

Ein Muss: die berühmten und wertvollen Plauener Spitzen und Stickereien in der Schaustickerei im Zentrum bewundern!

8. Tag     Dienstag, 16. August 2011, 90 km

Elster-Radweg von Plauen bis Zeitz,

Route: Plauen, Elsterberg, Greiz, Berga, Gera, Zeitz

Bei Elsterberg komme ich nach Thüringen und manchmal denke ich “wo sind denn eigentlich die Leute?”. In den Dörfern sind die Häuser und Gärten zwar liebevoll gepflegt, aber Menschen treffe ich wenig. Ab Berga ist der Elster-Radweg sehr gut und familienfreundlich beschildert, vorher leider manchmal noch etwas dürftig, der Ausbau des Radweges ist anscheinend noch nicht ganz abgeschlossen. Kondition verlangt nochmals der Sachsenberg mit seinen 243 m Höhe und toller Aussicht – wie gesagt, wenn man Aussicht hätte… und hier beginnt Sachsen-Anhalt.

In Zeitz finde ich ein nettes Hotel, lass’ mir Pizza aufs Zimmer liefern und bin viel zu müde für einen Spaziergang.

9. Tag     Mittwoch, 17. August 2011, 75 km

Elsterradweg von Zeitz bis Hohenheida,

Route: Zeitz, Elsteraue, Pegau, Leipzig, Hohenheida

Herrliches, sonniges und warmes Wetter begrüßt mich am Morgen! Und weiter geht’s am Elsterradweg über Elsteraue, vorbei an Peres und dem gefluteten Zwenkauer See – ein ehemaliger Braunkohletagbau, jetzt ein Naherholungsgebiet – auf einem tadellos angelegten Radweg bis nach Leipzig. Leipzig bedeutet “Lindenort“. Ein paar Kilometer nördlich von Leipzig miete ich mich in einer gemütlichen Pension in Hohenheida ein.

Der nächtliche Fluglärm des nahegelegenen Flughafen Leipzig-Halle ist ein großes Thema in dieser Region, es bilden sich dagegen überall Bürgerinitiativen.

10. Tag     Donnerstag, 18. August 2011, 75 km

Radweg Berlin-Leipzig von Hohenheida bis Lutherstadt Wittenberg,

Route:  Hohenheida, Bad Düben, Bad Schmiedeberg, Lutherstadt Wittenberg

Ich radle auf Feld- und Waldwegen und passiere kleine, hübsche Orte mit Fachwerkhäusern. Malerisch zeigt sich die Leipziger Tieflandsbucht – hoher Himmel, flaches Land. Ein Teil der Etappe führt durch die Dübener Heide – das Wort “Heide” ist für uns ein wenig irreführend, bezeichnet nämlich in dieser Gegend einen “richtigen Wald”.

Einen idyllischen Platz finde ich kurz nach Bad Schmiedeberg beim Wasserschloss Reinharz.

Ein Stopp auf der Elbe-Brücke kurz vor Lutherstadt Wittenberg gibt einen herrlichen Blick auf die Stadt frei. In der Innenstadt mit ihren prächtigen Bauten begegne ich auf Schritt und Tritt dem großen Reformator und Luthers 95 Thesen kann man an der Tür der Schlosskirche nachlesen. Ich steige in der Pension Elbe ab, dusche und genieße ein vortreffliches Abendessen um mich bald danach in mein gemütliches Zimmer zurückzuziehen.

11. Tag     Freitag, 19. August 2011, 84 km

Radweg Berlin-Leipzig von Lutherstadt Wittenberg bis Klausdorf am Mellensee,

Route: Lutherstadt Wittenberg, Jüterbog, Luckenwalde, Klausdorf am Mellensee

Bald erreiche ich Brandenburg und die abwechslungsreiche Landschaft des Fläming – ich staune, hier gibt’s ja Windmühlen wie in Holland! Rund um Jüterbog wurde das “Flaeming-Skate“ angelegt, das sind toll asphaltierte Skaterstrecken auf schmalen Wegen durch Wälder, Wiesen und Felder, fernab vom störenden Straßenverkehr.

In Klausdorf am schönen Mellensee übernachte ich das letzte Mal vor Berlin! Würde ja gerne schwimmen gehen, aber dieser Wind ist einfach zu kalt!

12. Tag     Samstag, 20. August 2011, 55 km

Radweg Berlin-Leipzig von Klausdorf am Mellensee bis Berlin-Neukölln

Route: Klausdorf am Mellensee, Zossen, Rangsdorf, Blankenfelde-Mahlow, Lichtenrade, Rudow, Neukölln

Im Schneckentempo holpere ich, wie so manches Mal im ehemaligen Osten, über Kopfsteinpflaster Richtung Berlin. Ab und zu muss ich mich wieder ein bisschen durchfragen, am Radweg neben der B96 finde ich schließlich die richtige Route über Lichtenrade, Rudow und Buschkrugallee in die Karl-Marx-Straße. Um 13.00 Uhr ist es dann soweit – Berlin-Neukölln, wo meiner Meinung nach Multi-Kulti nicht gescheitert ist – hier bin ich! Nach fast 1000 Radkilometern und 12 Tagen werde ich mit offenen Armen empfangen. Das Ziel ist erreicht und ich verbringe noch einige schöne Tage in “meiner Hauptstadt”.

“Berlin ist immer eine Reise wert” – aber das ist eine andere Geschichte…

Diese Radtour war wirklich ein tolles Erlebnis und ganz bestimmt nicht die letzte Fernreise mit meinem Drahtesel. Andere Routen geistern bereits durch meinen Kopf – mal sehen, was im Jahr 2012 so auf mich zukommt!

Zurück ging’s mit der Bahn und ich wollte eigentlich im ICE mein Fahrrad mitnehmen. Leider gibt’s bei den Langstrecken-Verbindungen nur wenig verfügbare Fahrradwaggon-Plätze, in einem Zeitraum von drei Tagen habe ich keinen freien Platz für mein Rad gefunden. Fünfmal umsteigen bis Laufen mit Fahrrad, das war mir dann doch zu aufwendig. Auf der Internetseite der Deutschen Bahn stieß ich schließlich auf das Kuriergepäck-Service und die Lösung des Problems. Zu gewissen Terminen wird das Fahrrad von Hermes abgeholt, verpackt und am dritten Tag an die angegebene Wunschadresse geliefert. Hat hervorragend geklappt und kostete in meinem Fall 30 €. Kann ich jedem empfehlen der eine weitere Reise mit Rad und Bahn vorhat!

Monika Eichhorn

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