Ich bin eine soziale Randgruppe – Kolumne

Ich bin eine soziale Randgruppe – Kolumne

An sich bin ich ja kein Verweigerer des technischen Fortschritts. Tagtäglich freue ich mich über die kleinen Wunder der technischen Segnungen. In der Finsternis gottesgleich das elektrische Licht erscheinen zu lassen erscheint mir so wunderbar wie sinnvoll.

Auch die Möglichkeit selbst über den Sinn, oder Unsinn von Kneipp Kuren entscheiden zu können, in dem ich wenig heldenhaft Warmwasser aus dem Duschkopf bestelle, scheint mir doch ein Segen, insbesonders für Menschen deren Tagesablauf nicht zwingend dem eines US Marine gleicht.

Man könnte die Liste noch sehr lange fortsetzen, doch würde dies das eigentliche Thema nur umschiffen. ich möchte ja über die Erfahrung des Randgruppendaseins meine Worte spenden.

EIne dieser wunderbaren technischen Lösungen die unser Leben so herrlich verändert, scheint mir das Produkt facebook zu sein. Hurra. Wir haben endlich eine Lösung für unzählige Problemstellungen in ein einziges Produkt gepackt – und es ist auch noch kostenlos (Im Gegensatz zum Seelenheil von Konkurrenzanbietern in diesem heiss umkämpften Markt, der anerkannten Religionsgemeinschaften, die ähnliches versprechen, aber raubrittergleiche Tarife offerieren)

Als moderne Mensch habe ich dieses Neue Wunder natürlich ins Auge genommen und dabei relativ schnell erkannt,  JAA das ist die Lösung für all meine Widrigkeiten des Alltags die ich ohne dieses Medium wohl aber gar nicht hätte.

Lange Rede kurzer Sinn – ich bin nicht drinn.

Nein, mir erschloss sich der Vorteil der Information über die derzeitige Tätigkeit von Freund 1047 (den ich zwar nie kennengelernt habe aber wer möchte schon eine Anfrage nach echter Freundschaft negieren), der gerade staubsaugt, nicht.

Auch fand ich den Reiz überschaubar, abertausend weniger gelungene Fotos verblichenen Haustiere einsehen zu können. Die Möglichkeit im Gegenzug auch meine eigenen Bilder, in zur neige gehender Partylaune mit möglicherweisem live Buffetverlust, all den lieben neugewonnenen Freunden zu präsentieren schien mir ebenfalls nicht besonders wertvoll.

Nun erlebe ich aber tagtäglich, dass bei nahezu jedem Gespräch irgendwann die eigene Präsenz auf diesem Portal abgefragt wird. Mein nicht sein kommt hier nahezu einer blasphemischen Revolution gegen jeden Modernissmus gleich.

Florierende Unterhaltungen erfahren plötzlich eine Wende, als hätte ich meine Mitgliedschaft in einer abstrakten Terrororganisation bekundet, eine exquisite Einstellung zur Körperpflege offenbart oder mich als Extraterrestrisches Wesen geoutet.

Mir scheint ich bin der letzte Erdenbürger, der die Notwendigkeit einer allirdischen Zwangsmitgliedschaft nicht verstanden hat.

Tja und so werde ich unwillkürlich, unfreiwillig eine ganz persönliche soziale Randgruppe ohne mir einer Schuld bewusst zu sein.

Ich würde mein Schicksal aber gerne teilen und stehe jeder Initiative betreffend einer Selbsthilfegruppe positiv gegenüber.

Venceremos

El Comandante